Am 12. September erschien in der Mitteldeutschen Zeitung ein Artikel von Robert Briest über die Arbeit der Terrawatt am Energiepark Bad Lauchstädt, den wir uns freuen an dieser Stelle veröffentlichen zu können.
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Mitteldeutsche Zeitung Halle / Saalkreis
Datum: 12.09.2023
Autor: Robert Briest
Thema: VNG AG
Wachstum nach dem Regen
Ein Windpark wächst. Ein Besuch auf der Baustelle des Energieparks Bad Lauchstädt zeigt, wie die riesigen Betontürme zusammengesetzt werden.
Bad Lauchstädt/MZ – Der Staub ist zurück. Als Nico Reuschl mit seinem Dienstwagen über die breiten Schotterpisten nahe der A38 fährt, die Baufirmen im Namen seines Arbeitgebers, der Leipziger Terrawatt, in den vergangenen Monaten angelegt haben, zieht er eine Wolke hinter sich her. Die Umgebung von Bad Lauchstädt wirkt so, wie man sich das am trockensten Ort Deutschlands 2018 vorstellt.
Doch der Bauleiter hat sie in den vergangenen Monaten von einer ganz anderen Seite kennengelernt. „Es hat sehr viel geregnet. Ich habe so was noch nie erlebt.“ Binnen weniger Tage seien mehr als 150 Liter auf dem Quadratmeter gefallen. Die Folge: Bau‐ gruben liefen voll, die frisch gebauten Schotterwege weichten auf, Lkw blieben stecken, die Reparaturen am Netz laufen noch immer. Reuschl kommt an einer Kreuzung vorbei und deutet aus dem Fenster: „Hier hatte sich ein Teich gebildet. Da haben sich am nächsten Tag die Fischreiher die Frösche rausgeholt. Wir mussten teilweise Mulden an den Fundamenten graben, damit das Wasser abfließen kann.“
Trotz dieser Unbill liegt der Bau des Windparks, der den Elektrolyseur für die Produktion von grünem Wasserstoff im Energieparks Bad Lauchstädt mit Strom versorgen soll, weiter im Zeitplan: „Es sind mittlerweile alle acht Fundamente gebaut. Der erste Betonturm steht.“ Der ist auch Reuschls erstes Ziel. Das Fundament ist mittlerweile von einer großen Aufschüttung bedeckt, die zusätzliches Gewicht und damit Standsicherheit bringt. Von dieser Ebene aus reckt sich der glänzende Zylinder in Richtung des blauen Himmels. Wie hoch ist ohne Referenzpunkt schwer zu schätzen. Es seien knapp 90 Meter, ordnet der Bauleiter ein.
Auf Importe angewiesen
Auf diesen Turm soll ab Oktober die eigentliche Windkraftanlage, eine V162 von Vestas, montiert werden. Der Hersteller kommt aus Dänemark. Der politisch gewollte Ausbau der Windenergie in Deutschland ist derzeit abhängig von Importen. Mit dem Nordex-Werk in Rostock schloss 2022 die letzte Produktionsstätte für Rotorblätter im Land. Wichtige Produktionsstandorte sind nun Brasilien, Spanien, Indien. Die Rotorblätter für den Energiepark Bad Lauchstädt kommen aus China.
Vestas selbst unterhält neben Logistikstandorten zumindest noch ein Generatorenwerk in Lübeck. „In Deutschland gibt es kaum noch Hersteller von Windkraftanlagen“, beklagt Terrawatt Geschäftsführer Falk Zeuner und warnt: „Die Kapazitäten auf dem Markt reichen nicht aus, um den Ausbau, der im Land geplant ist, zu stemmen.“
Apropos stemmen. An der Baustelle für das künftige Windrad Fünf nahe des Autobahndreiecks Halle-Süd hebt gerade ein großer Baukran halbe Betonringe von einem Tieflader und legt sie in ordentlichen Reihen ab. Die Stahlbetonelemente könnten in vielen Werken in Deutschland hergestellt werden, erläutert Reuschl. Woher sie kommen und wer sie liefert, würde die Baufirma anhand von Tagespreisen entscheiden.
Ein Stück weiter wartet etwa ein Lastwagen mit Kennzeichen des bayrischen Neumarkt darauf, dass er an der Reihe ist. Er hat das Adapterstück für Anlage Nummer Acht geladen. Aus dem grauen Stahlbetonring ragen oben eine Reihe von Metallbolzen heraus, mit denen wird später die eigentliche Windturbine verschraubt. Das Adapterstück ist also der oberste Part des Betonturms. Der 31. Ring.
Gigantische Massen
An der Baustelle von Windrad Acht bereiten die Arbeiter der Firma Max Bögl gerade das Einsetzen des zwölften Rings vor. Mit einem kleineren Kran werden die beiden Ringhälften auf Metallböcken zu‐ sammengebracht und verbunden. Oben, in aktuell etwa 30 Metern Höhe, sind drei orangegekleidete Arbeiter damit befasst, den Ring darunter auf die nächste Ebene vorzubereiten. Ein großer Kran hievt das vormontierte Bauteil nach oben, setzt es mit Hilfe der Höhenarbeiter vorsichtig auf seinem Vorgänger ab. “„Die sind fix“, lobt Reuschl. „Der Turm für Windanlage Sieben stand in fünf Tagen.“
Am Ende werden die Arbeiter auch für die Anlage Acht knapp 1.800 Tonnen Stahlbeton bewegt h ben. Im Fundament sind bereits 100 Tonnen Stahl und 200 Tonnen Beton verbaut. „Das ist viel, aber es muss ja auch viele Kräfte aushalten“, sagt Reuschl. Während der Fuß der Anlage sowohl Druckkräfte durch das Gewicht, als auch Zugkräfte durch oben angreifenden Wind verkraften muss, wirkten beim Betonturm ausschließlich Druckkräfte. Vestas gibt das Gesamtgewicht seiner Turbine, die auf dem Turm lastet, mit 12.878 Tonnen an.
Für den Bauleiter brechen derweil nach den überstandenen Unwettern die letzten Tage bei Bad Lauchstädt an. Wenn bis Oktober die sechs Türme stehen – zwei kleinere, nur 119 Meter hohe Anlagen werden direkt auf die Fundamente montiert – und al‐ le Wege und Aufstellflächen wieder hergestellt sind, geht es für den Tiefbauexperten weiter zum nächsten Projekt. Vor Ort würden dann Kollegen übernehmen, die sich mehr mit den oberen Enden der Windräder auskennen würden. Auf einen Termin freut sich Reuschl aber vorher noch. Die Anlieferung der gigantischen Bauteile der neuen Windturbinen.